Damit die Steine aufeinander bleiben…
Predigt über Mt 7, 24-27 von Pfarrer Klaus Vogel am 9. Sonntag Trinitatis, 01. August 2021, gehalten in der Evangelischen Martinskirche zu Kraichtal-Münzesheim sowie in der Evangelischen Mauritiuskirche zu Kraichtal-Oberöwisheim im Präsenzgottesdienst
Predigt über Mt 7, 24-27
Kanzelgruß
Ein festes Fundament Mt 7, 24-27:
24 Wer nun auf das hört, was ich gesagt habe, und danach handelt, der ist klug. Man kann ihn mit einem Mann vergleichen, der sein Haus auf felsigen Grund baut.
25 Wenn ein Wolkenbruch niedergeht, das Hochwasser steigt und der Sturm am Haus rüttelt, wird es trotzdem nicht einstürzen, weil es auf Felsengrund gebaut ist.
26 Wer sich meine Worte nur anhört, aber nicht danach lebt, der ist so unvernünftig wie einer, der sein Haus auf Sand baut.
27 Denn wenn ein Wolkenbruch kommt, die Flüsse über ihre Ufer treten und der Sturm um das Haus tobt, wird es einstürzen; kein Stein wird auf dem anderen bleiben.«
Kanzelgebet
Liebe Gemeinde,
so bedrängend, aktuell und hautnah kommt uns ein sonntäglicher Predigttext selten. Zweimal ist die Rede von Wolkenbruch und Hochwasser; auch davon, dass Flüsse über die Ufer treten, das Sturm um das Haus tobt und Häuser einstürzen. Sofort haben wir Bilder dazu vor Augen, die uns das Fernsehen vor wenigen Tagen geliefert hat und zum Teil immer noch liefert. Bilder, die uns lange nicht verlassen werden. Bilder, die vielleicht bereits dazu geführt haben, dass Sie gedanklich schon abgeschweift sind, weil Sie Menschen kennen, die im Katastrophengebiet wohnen und betroffen sind, die vielleicht Hab und Gut verloren haben, bei deren Häusern kein Stein auf dem anderen geblieben ist.
„…kein Stein auf dem anderen…“ – das sind die letzten Worte unseres heutigen nur 4 Verse umfassenden Textes. Diese 4 Verse sind wiederum die letzten Worte Jesu in seiner – jedenfalls aus meiner Sicht – schönsten und wichtigsten Rede, die uns überliefert ist, der Bergpredigt. Jesus beendet diese Rede maximal destruktiv – nämlich mit der Aussicht, dass kein Stein auf dem anderen blieben wird. Das ist nicht lustig und nicht schön. Wenn diese Steine mir gehören und womöglich eine Wand oder mein Haus gebildet haben, dann ist das der Horror. Schauen wir dagegen auf die Anfangsworte der Bergpredigt, dann versetzt uns das schlagartig und komplett ins andere Extrem: Jesus beginnt da nämlich mit den sogenannten Seligpreisungen. Die erste, also die allerersten Worte seiner langen Rede: „Selig bzw. glücklich sind, die erkennen, wie arm sie vor Gott sind, denn ihnen gehört sein himmlisches Reich.“ – Geschundenen, gebeutelten, geächteten, geschlagenen, benachteiligten, verfolgten, verfemten, verachteten Menschen wird Gutes, vielmehr Bestes angesagt: Rettung, Ende von Qual, Not und Elend – Erlösung. Die Bergpredigt beginnt also mit wundervollen Hoffnungsbildern – und sie endet mit einem wuchtigen Horrorbild. Ein Horrorbild, das man allerdings hinterfragen kann. Jesus beschreibt zwei Optionen, ein Haus zu bauen: Auf der einen Seite ein Häuslebauer, der sein Heim auf felsigen Untergrund baut. Es steht da, es strotzt vor Festigkeit und trotzt allem Wind, aller Witterung, allem Wetter. Es bleibt unveränderlich und unerschütterlich wie die in Stein gemeißelte Schrift. – Auf der anderen Seite ein vergleichbares Haus auf sandigem, weichem, nachgebenden Untergrund. Wind und Wetter haben leichtes Spiel mit ihm. Es bleibt nicht lange stehen, hat keine Zukunft. – Nun ist es aber ja so, dass die Bilder der Zerstörung, die die Wasserfluten dieser Tage produziert haben, das nicht bestätigen. Da hat es alle Arten Häuser, Fahrzeuge und Material mitgerissen. Nichts war vor den Fluten sicher. Andererseits leben Zehntausende von Menschen in der nahen Rheinebene in Häusern, die weitgehend auf Sand gebaut sind – und diese Häuser haben keine schlechtere Standfestigkeit und Lebenserwartung als Häuser zum Beispiel bei uns, im Kraichgau/Mü/Oö. Bau- und Betontechnik, Stahlbetonbauweise machen es heutzutage möglich, die höchsten Wolkenkratzer in den Wüstensand zu setzen. Jesus hätte schließlich auch sagen können, dass alle, die seine Worte hören und befolgen, sind wie ein Mensch, der plant, ein Haus zu bauen und es auch tatsächlich und zügig tut. Wer aber seine Worte hört und nicht umsetzt, ist wie jemand, der einen Hausbau plant, aber nie umsetzt. Immer weiter verschiebt, neu überlegt, nicht zu Potte kommt und am Ende immer noch ohne Haus dasteht. Das wäre ziemlich unvernünftig. Genau so unvernünftig wie auf einen wabernden, wackeligen Untergrund zu bauen oderin ein Erdbebengebiet. Jesus gebraucht zur Wertung des Verhaltens das Gegensatzpaar klug – unvernünftig. Seinen Leuten schärft er ein: Seid klug. Seid vorausschauend. Privat, im Beruf, hinterm Steuer und sicherlich auch bei der Steuer. Wer klug ist, handelt vernünftig, nachvollziehbar, gerecht und fair. Wer klug ist, ist kein Stinkstiefel, der am Ende im Knast landet, der untergeht, keine Freunde mehr, dafür aber nur noch Widersacher hat. Wenn du klug bist, so Jesus, dann hältst du dich an Gott und an seinen Willen, dann hältst du dich an die Regeln, die ich aufstelle. Regeln, die tragen, die integrieren, die dir zu einem guten Gewissen verhelfen, die das Zusammenleben fördern, Regeln, die dich mit Gott verbinden. Regeln, die dich auf gutem Weg sein lassen. Das gilt natürlich allgemein für alles, was von Jesus überliefert ist, es gilt aber als erstes für die Bergpredigt, also für die zurückliegenden drei Kapitel.
„Ihr seid Salz und Licht der Welt…“ heißt es da gleich nach den Seligpreisungen… Lasst euer Licht leuchten in der Welt. Die Welt braucht Licht und Orientierung. Die Welt braucht euch, euer Vorangehen, euer Vorbild, eure Mission der guten Taten. „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Mt 5, 16). Im Studium habe ich gelernt, dass genau dieser Satz, Mt 5, 16, den Kern der Bergpredigt, ihr Zentrum, ihre Essenz beschreibt: „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ Gerade neulich habe ich an einer Buchhandlung wieder den altbekannten Spruch gelesen: „Schock diene Eltern – lies ein Buch!“ Im Blick auf unseren Text könnte man umformulieren: „Schock dein Umfeld – und pfeife auf Vergeltung…“ Schock dein Umfeld und tu dem Gutes, der dir nichts Gutes will, liebe deine Feinde, lass dich nicht von Sorgen, von Raffgier, von religiösem Pflichtenwahn innerlich zerfressen, zermürben und gefangen nehmen. Im Zweifel – so Jesus – kommt es gar nicht darauf an, wessen Licht da leuchtet, sondern dass es leuchtet. Das wird bei dem ausdrücklich deutlich, was Jesus zum Spenden, zum Beten und zum Fasten sagt. Tu es! Einfach, schnörkellos und ohne Effekthascherei. Tu es für dich, für Gott und für andere – aber hänge es nicht an die große und auch nicht an die kleine Glocke. Hänge es an gar keine Glocke. Tu es einfach.
Wer nun auf das hört, was ich gesagt habe, und danach handelt, der ist klug…
Wer sich meine Worte nur anhört, aber nicht danach lebt, der ist so unvernünftig…
Das sind aus meiner Sicht die beiden alles entscheidenden Sätze am Schluss der Bergpredigt. Welchen Stempel drückst du deinen Tagen und deinen Taten auf? Bist du ein Mensch, der hört und zumindest ahnt, was Gottes Willen ist… und der das dann auch tut und umsetzt? Oder gehörst du zu denen, die nur und am liebsten darüber reden, vieles zerreden, viel Palaver machen und nichts auf die Kette kriegen? Um es ganz griffig und einprägsam auszudrücken: „Machen ist wie wollen – nur viel krasser!“ Denken Sie darüber nach… Amen.
mein Mann ist kein Stinkstiefel,der im Knast gelandet ist und dadurch keine Freunde mehr oder sonstiges hat.Diese Aussage fand ich sehr verstörend,denn sie sagt,dass wir kein Recht mehr auf Gemeinschaft oder gar Gott haben ?!