Es gibt noch Knechte – zumindest einen…
Predigt über Jesaja 42, 1-9 von Pfarrer Klaus Vogel am 1. Sonntag nach Epiphanias, 9. Januar 2022, gehalten in der Evangelischen Mauritiuskirche zu Kraichtal-Oberöwisheim im Präsenz-/Hybridgottesdienst
Kanzelgruß
Jesaja 42, 1-9 („Hoffnung für alle“)
Der Diener Gottes und sein Auftrag
1 Der Herr spricht: »Seht, hier ist mein Diener, zu dem ich stehe. Ihn habe ich auserwählt, und ich freue mich über ihn. Ich habe ihm meinen Geist gegeben, und er wird den Völkern mein Recht verkünden. 2 Aber er schreit es nicht hinaus; er ruft nicht laut und lässt seine Stimme nicht durch die Straßen der Stadt hallen. 3 Das geknickte Schilfrohr wird er nicht abbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen. Unbeirrbar setzt er sich für das Recht ein. 4 Er wird nicht müde, nie verliert er den Mut, bis er auf der ganzen Erde für Gerechtigkeit gesorgt hat. Selbst die Bewohner der Inseln und der fernen Küsten warten auf seine Weisung.« 5 Gott, der HERR, hat den Himmel geschaffen und ihn wie ein Zeltdach ausgespannt. Die Erde in ihrer ganzen Weite hat er gebildet, die Pflanzen ließ er hervorsprießen, und den Menschen hat er Leben und Atem gegeben. Und nun sagt er zu seinem Diener: 6 »Ich, der HERR, habe dich berufen, meine gerechten Pläne auszuführen. Ich fasse dich an der Hand und helfe dir, ich beschütze dich. Durch dich schließe ich einen Bund mit den Menschen, ja, für alle Völker mache ich dich zu einem Licht, das ihnen den Weg zu mir zeigt.[1] 7 Den Blinden sollst du das Augenlicht geben und die Gefangenen aus ihren Zellen holen. Alle, die in Finsternis sitzen, sollst du aus ihrer Gefangenschaft befreien. 8 Ich heiße ›HERR‹, und ich bin es auch. Die Ehre, die mir zusteht, lasse ich mir nicht rauben. Ich dulde nicht, dass Götterfiguren für meine Taten gerühmt werden. 9 Ihr könnt sehen, dass meine Vorhersagen eingetroffen sind. Und nun kündige ich etwas Neues an. Ich sage euch, was geschehen wird, ehe man das Geringste davon erkennt.«
Kanzelgebet
Liebe Gemeinde,
schön aber auch etwas kompliziert ist das heute. Der prophetische Text, den uns die Predigtordnung vorgibt, ist in seinem ersten Teil, den Versen 1-4 ein wirklich ganz besonderer. Einer, der zusammen mit drei anderen bei Jesaja und ganz in der Nähe wegen seiner Eigenart schon längst im Fokus der theologischen Wissenschaft steht. Bereits vor 130 Jahren hat Bernhard Duhm den bis heute gültigen Fachbegriff „Gottesknechtlieder“ für diese vier kurzen Texte geprägt. ABER man kann auch theologisch ahnungslos sein und dennoch erkennen, dass wir hier ganz feine Kostbarkeiten vor uns haben. Da sind Verse dabei, die Menschen manchmal auf dem Sterbebett noch auf Zunge und Lippen haben. Wundervolle Verse, die gewaltige Aussagekraft, Anziehungskraft und Strahlkraft haben. Von einem ist da die Rede, der mit Gott zu tun hat, hinter dem Gott steht – felsenfest und unverrückbar. Bei Luther und in der Basisbibel wird er „Knecht“ genannt. In der Hoffnung für alle heißt er „Diener“. Gott hat ihn jedenfalls mit Geist und Auftrag ausgestattet. Sein Auftrag: Gottes Recht, Gottes Willen, Gottes Gebote global auszurichten. Den Völkern, den Menschen zur Kenntnis, zur Wertschätzung und zur Umsetzung zu geben. Er ist, wenn man so will, im Außeneinsatz tätig. Aber dieser Diener macht das leise, dezent, subtil und dennoch eindringlich. Auf dem Hamburger Fischmarkt hätte der als Verkäufer keine Chance. Dafür aber bei allen, die fast am Ende sind, die am Abgrund stehen, die bei jeder (Lebens-)Reise nach Jerusalem als erstes ausscheiden und übrigbleiben. Bei denen, die mit Sorgen und gar Angst auf die 12 Monate des noch jungen Jahres schauen. Die vom Leben, von Ärztinnen und Ärzten, Vermieterinnen und Vermietern oder von Verwandtschaft, Gerichten und Gutachten nichts Gutes erwarten. (3) „Das geknickte Schilfrohr wird er nicht abbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen.“ Für diejenigen, denen es gut geht, ist das ja durchaus auch ein schöner, netter ja herzerwärmender Satz – im Gedächtnis und womöglich auf der Konfirmationsurkunde. Für alle, denen es schlecht geht und bei denen die Lebensumstände mies, prekär – ja unterirdisch geworden sind, sind es goldene Hoffnungsworte, Halteworte, Himmelsworte…
Wer ist nun dieser Diener oder Knecht Gottes?
Wenn wir als Christinnen und Christen bewusst diese Verse lesen – zumal kurz nach Weihnachten –, kommen wir nur ganz schwer auf eine andere Idee, als dass hier von Jesus die Rede ist. Eine alttestamentliche und prophetische Ankündigung des Messias, des in Bethlehem geborenen Retters.
Ganz anders sieht das aber aus, wenn Jüdinnen und Juden diese Verse lesen. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder der hier angekündigte Knecht/Diener ist – trotz Jesus – noch gar nicht da und muss weiter erwartet werden – oder aber mit „Knecht/Diener“ Gottes ist nicht eine Einzelperson gemeint, sondern das Volk Israel insgesamt. Es gibt bei Jesaja Aussagen, die eindeutig so zu verstehen sind: Der Knecht/Diener Gottes ist sein ganzes, auserwähltes Volk. Und wirklich: es kann schon auch Sinn machen und ist in der Tat erhellend, wenn man die Gottes-Knecht-Lieder einmal auf Israel hin liest, Israel, das um der Sünden der vielen willen leidet, das getötet wird und dennoch lebt (vgl. Jes. 53). Wer würde da nicht an den Holocaust denken? – Oder Israel, das berufen ist, in Erfüllung des Abraham Segens das Licht Gottes zu den Völkern zu bringen. Ein Verständnis, das wir unseren jüdischen Glaubensgeschwistern wirklich lassen sollten.
Ich möchte aber andererseits das christliche Verständnis keinesfalls relativieren, dass mit dieser kräftigen, eindringlichen und eindrücklichen Ankündigung der Entsendung des Gottesknechts – Jesus Christus gemeint ist. Ich möchte nicht im Geringsten in Zweifel ziehen, dass der Jesus von Nazareth der Evangelien hier gemeint ist. Er ist nach unserem Verständnis, nach unserem Glauben, nach unserer Überzeugung der hier angekündigte und beschriebene Gottesknecht. Wenn wir das nicht glauben wollten, dann müssten wir ehrlicherweise mit unserem ganzen Glauben einpacken. Immerhin hat Jesus selbst sich nach der Erzählung des Lukas, als er einmal in seine Heimatstadt Nazareth kam, mit dem Retter identifiziert, den Gott schicken wird. Ich zitiere aus Lukas 4, wo Jesus sagt: »Der Geist des Herrn ruht auf mir, weil er mich berufen und bevollmächtigt hat[1]. Er hat mich gesandt, den Armen die frohe Botschaft zu bringen. Ich rufe Freiheit aus für die Gefangenen, den Blinden sage ich, dass sie sehen werden, und den Unterdrückten, dass sie von jeder Gewalt befreit sein sollen. 19 Ich verkünde ihnen ein Jahr, in dem der Herr seine Gnade zeigt.[2]« …dann rollte er die Schriftrolle zusammen… …und setzte sich. Alle blickten ihn erwartungsvoll an. Schließlich sagte er: »Heute, wo ihr diese Worte hört, hat sich die Voraussage des Propheten erfüllt.«
Gerade am Anfang eines neuen Jahres mögen wir uns dessen vergewissern, uns erinnern, es uns zu sprechen und zu rufen, wie die ersten Christen im ältesten Bekenntnis, das sich in der Figur des Fisches abbildet: Jesus Christus, Gottes Sohn und Retter. Niemand von uns weiß, wie eingetrübt unsere Sicht, wie groß unsere Zweifel, wie gewaltig Unsicherheit und Verzweiflung in unserem Leben vielleicht einmal noch werden. Vom großen Gottesmann und Vorläufer Jesu, Johannes dem Täufer berichtet Matthäus in seinem Evangelium, dass er, im Gefängnis sitzend, im Blick auf Jesus völlig verunsichert seine Jünger zu Jesus geschickt hat mit nur einer einzigen Frage: »Bist du wirklich der Retter, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?« (Mt 11, 3)
Liebe Gemeinde, die Antwort, unsere Antwort kann nur JA lauten. Ja, er ist es. Das Kind, dessen Geburt wir vor gut 2 Wochen gefeiert haben, dessen Taufe heute in unser Bewusstsein gerückt wurde, der Mann, der die Welt verändert hat und sie weiter verändert, dieser Mann ist Gottes Sohn und Gesandter und unser Beschützer und Begleiter, Tag für Tag. Verlassen wir uns drauf. Amen.
Hallo, gut dass man hier schreiben kann. In unserem Hauskreis ist die Frage aufgekommen, wie es sein kann, das wir im Christentum ein einseitig männliches Gottesbild haben, das aus einem Vatergott und einem männlichen Gottessohn besteht? Obwohl Gott bei der Schöpfung sprach: „Lasst UNS Menschen schaffen nach UNSEREM Bilde!“ Wer ist wohl mit UNS gemeint? wenn Gott sie als Mann & Frau schuf? Es muss also am Anfang der Schöpfung ein Paar, das aus männlich & weiblich bestand, schon dagewesen sein, sonst hätte Gott keine Frau schaffen können. Wenn Jesus Gottes Gegenüber gewesen wäre, wären logischerweise 2 Männer entstanden??? Der Autor Kurt Marti hat das einseitig männliche Gottesbild als Götzenbild bezeichnet, was es auch ist. Das BILD GOTTES besteht aus dem Naturgesetz des weiblich/männlichen. Von daher kann Jesus-den das Christentum konstruiert hat, auch nicht der angekündigte Gottesknecht sein. Auch ist von einer Krankheit im Leben Jesu nicht die Rede. Mann hat vielmehr die Eigenschaften des Gottesknechts, der schon 10000nde von Jahren angekündigt wurde, einfach auf die erfundene Figur Jesus übertragen. Und dann passte das den Kirchenfürsten. Außerdem: Wäre ein männlicher Gottvater mit seinem männlichen Sohn „eins“, was einer Liebesbeziehung gleichkommt, würde Gott ein homosexuelles oder schwules Verhältnis mit ihm führen? Mann hat die Figur Jesus erfunden, um ein einseitig-männliches Gottesbild aufrechtzuerhalten und die Macht der Männer in Kirche und Gesellschaft zu untermauern. Doch die Wahrheit kommt nun ans Licht in dieser Endzeit. Gott wird selbst diese Lüge aufdecken. Mann hat nicht nur seit Jahrtausenden die Frau unterdrückt, sondern auch Gott die WEIBLICHKEIT geraubt!!! Als Frau frage ich: „WARUM HABEN ALLE MÄNNER BEI DIESEM SPIEL MITGEMACHT?????? DAS GEHT NICHT in meinen Kopf rein !!!!“ Es war wie es immer ist: DIE GIER NACH MACHT. Und das ist das Gegenteil von dem was Gott für die Menschen gewollt hat!
Liebe Julia, ich habe Deinen Kommentar mehrere Male gelesen. Es ist gut, dass du dir Gedanken machst. Leider sind deine Äusserungen voller Zweifel, statt reeller Fragen. Ich bin kein studierter Theologe. Mein Glaube ist in dem Dreieinigen Gott: Gott dem Vater, Gott dem Sohn und Gott dem Heiligen Geist. Es gibt vieles in der Bibel, was wir mit unseren menschlichen Vorstellungen nicht verstehen, oder auch oft falsch interpretieren. Die Hauptsache ist immer noch unser Glaube, dass die Bibel das Wort Gottes und die Wahrheit ist. Gott hat Menschen erwählt, die seine Worte empfangen und niedergeschrieben haben. Gott hat auch Frauen, e.g.: Rut, Ester, Judit und viele mehr, als „Mitarbeiter“ benutzt. Gott hat beide Geschlechter geschaffen um sich gegenseitig zu ergänzen, um eine Einheit zu bilden. Wenn man die Bibel genau liest und an dem Geschriebenen reflektiert, entdeckt man immer wieder Neues, und, dass Frauen oft eine wichtige Rolle hatten. Die „geschlechtliche Rollenverteilung“, wie wir es verstehen, ist höchstwahrscheinlich anders als es in der Bibel gemeint ist.
Dies ist meine ganz persönliche Meinung und Interpretation. Wenn meine Auslegung falsch ist, lass ich mich gerne belehren.