Predigt von Prädikant Kai Tröger-Methling am 31.05.2020 (Pfingstsonntag) über Joh 14, 15-27
Liebe Gemeinde,
Jesus hat seinen Jüngern mehrmals angekündigt, dass er den Heiligen Geist zu ihnen senden wird.
Eine solche Ankündigung finden wir im 14. Kapitel des Johannesevangeliums. Ich lese hieraus einzelne Verse.
Jesus sagte zu seinen Jüngern:
15 Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten.
16 Und ich will den Vater bitten,
und er wird euch einen anderen Tröster geben,
dass er bei euch sei in Ewigkeit:
17 den Geist der Wahrheit,
den die Welt nicht empfangen kann,
denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht.
Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
18 Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen;
ich komme zu euch.
20 An jenem Tage werdet ihr erkennen,
dass ich in meinem Vater bin
und ihr in mir
und ich in euch.
21 Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist’s, der mich liebt.
Wer mich aber liebt,
der wird von meinem Vater geliebt werden,
und ich werde ihn lieben
und mich ihm offenbaren.
23 (…)
Wer mich liebt, der wird mein Wort halten;
und mein Vater wird ihn lieben,
und wir werden zu ihm kommen
und Wohnung bei ihm nehmen.
26 (…) der Tröster,
der Heilige Geist,
den mein Vater senden wird in meinem Namen,
der wird euch alles lehren
und euch an alles erinnern,
was ich euch gesagt habe.
27 Frieden lasse ich euch,
meinen Frieden gebe ich euch.
Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.
Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.
–
Liebe Gemeinde,
die Zusage Jesu,
dass er den Heiligen Geist senden wird,
die gilt auch für uns.
Bei allen, die Jesus nachfolgen,
ist der Heilige Geist gegenwärtig.
Auch unter uns,
hier und heute.
–
Können Sie spüren,
dass der Heilige Geist in Ihnen gegenwärtig ist?
In dieser Woche?
Oder sonst irgendwann einmal?
Vielleicht gerade dann, wenn Sie den Geist Gottes am Nötigsten hatten?
Als Tröster,
als Helfer,
als Ratgeber?
Oder kennen Sie solche Fragen:
Wo ist er, der Heilige Geist?
Ist er wirklich da?
Oder hat Jesus vergessen, ihn zu schicken?
Beim Pfingstereignis wurden 3000 Menschen vom Geist ergriffen.
Vielleicht war danach nicht mehr genug Geist übrig?
So dass es für uns einfach nicht mehr reicht?
Wenn der Heilige Geist in uns wohnt,
warum merken wir dann so oft nichts davon?
–
Ich bin überzeugt, dass Gottes Geist bei uns ist.
Immer.
Nicht nur wenn wir im Gottesdienst,
in Gottes Nähe treten,
sondern auch dann, wenn wir wieder nach Hause gehen.
Aber ich denke auch,
dass seine Stimme leise ist.
Und manchmal auch so,
dass wir gar nicht einordnen,
dass gerade jetzt Gott wirkt.
Aber er ist da!
Wenn wir in üblen Zeiten,
wo wir schwer zu tragen haben,
plötzlich Zuversicht spüren.
Wenn wir gerade noch am Ende waren,
auf einmal wieder Kraft haben.
Wenn wir mitunter den rettenden Einfall haben,
oder das sichere Gefühl,
dass ein bestimmter Schritt jetzt genau die richtige ist.
Und natürlich dann,
wenn wir tief traurig sind,
und trotzdem auf einmal durchatmen
und getröstet sind.
–
Gottes Geist ist immer da.
Aber wir sind so beschäftigt
mit den Dingen unseres Lebens,
dass wir davon meist nichts mitbekommen.
Unsere Arbeit im Beruf oder in der Familie,
unsere Sorgen,
die Sorgen derer, die zu uns gehören und uns ans Herz gewachsen sind,
aber auch unsere Zerstreuungen
und die vielen Aufregungen,
all das zehrt unsere Aufmerksamkeit auf.
Und wenn uns Schicksalsschläge in den Weg treten,
wenn plötzlich nichts mehr so ist,
wie es gestern noch war,
dann sind wir einfach überbeschäftigt mit uns selbst
und nehmen den Geist und sein Wirken nicht wahr.
–
Manchmal frage ich mich,
ob ich etwas tun kann,
um den Heiligen Geist
besser spüren
und seine Stimme besser hören zu können.
In die Einsamkeit eines Klosters zu gehen und die Welt auszusperren,
das wäre nun nicht mein Weg.
Zumal Gott uns ja die Gemeinschaft untereinander geschenkt hat,
damit wir einander ergänzen und uns aneinander freuen.
Und weil Gott uns gerade in diese Welt gestellt hat,
damit wir in ihr wirken.
Aber ich denke,
dass uns Jesu Worte heute morgen
einen guten Hinweis geben,
was wir tun können
um im Trubel unseres Lebens
seinen Geist besser hören zu können.
–
Jesus sagt:
Liebt mich, so werdet ihr meine Gebote halten.
Wir wissen, was Jesus meint, wenn er von seinen Geboten spricht.
Als ihn einmal ein Schriftgelehrter danach gefragt hat,
da hat Jesus geantwortet:
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
von ganzem Herzen,
von ganzer Seele und von ganzem Gemüt
Dies ist das höchste und erste Gebot.
Das andere aber ist dem gleich:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.
Mt 22, 37-40
Der entscheidende Schlüssel ist die Liebe.
Denn durch Liebe,
da entsteht Verbindung.
Das weiß jeder,
der schon mal verliebt war.
Da ist der andere immer bei uns,
egal, wieviele Kilometer uns gerade trennen.
Genauso kann die Liebe
eine Verbindung zwischen uns und Jesus
herstellen
und am Leben halten.
Wir wissen:
Für diese Liebe,
da hilft es,
wenn wir uns mit Jesus beschäftigen,
von ihm in der Bibel lesen
im Gottesdienst von ihm hören,
und im Gebet mit ihm sprechen.
–
Wissen Sie, was mich an Jesus besonders begeistert?
Mich begeistert, dass Jesus
uns Menschen ganz genau kennt.
Und dass er wirklich sehr praktisch denkt.
Und so weiß Jesus,
dass das mit der Gottesliebe keine ganz so leichte Sache ist.
Denn das ist abstrakt
und hoch ist das Risiko,
dass wir uns mühen und in fromme Glaubensübungen abdriften,
die nicht mehr, aber auch nicht weniger sind,
als Bemühungen.
Praktisch und lebensnah denkend,
stellt Jesus dem Gebot der Gottesliebe
das andere an die Seite.
Die Liebe zu unserem Nächsten.
Denn darin zeigt sich zugleich unsere Liebe zu Gott.
Und wie wir miteinander umgehen,
das ist für uns gut zu greifen.
Da wird es konkret.
–
Ich will ein Beispiel bringen,
dass mir gerade die Zeit,
in diesen Wochen wirklich Kopfzerbrechen macht.
Ich meine da jetzt gar nicht diesen blöden Virus.
Aber noch vor ein paar Wochen,
da sind alle zusammengerückt,
da wurde geklatscht vom Balkon für die Helfer,
da wurden Politiker und Wissenschaftler respektiert für die so schwere Aufgabe, mit der sie sich abmühen müssen.
Und jetzt?
Jetzt hören wir die Besserwisser,
wie sie vom Spielfeldrand reinrufen,
so wie eben die reinschreien,
die gerade nicht am Elfmeterpunkt stehen und den Kopf hinhalten müssen, wenn es daneben geht.
Und was mich wirklich ratlos macht,
das ist der Hass, der plötzlich da ist,
wie man über die Politiker herzieht,
die uns gestern noch so gut durchgebracht haben
und wie Wissenschaftler, die weltweit herausragend und anerkannt sind, plötzlich durch den Dreck gezogen werden.
–
Wie groß muss der Druck sein,
die Verzweifelung,
wie sehr müssen diese Menschen verletzt worden sein,
dass sie sich derart hinreißen lassen?
Aber wir lernen daraus:
ganz so einfach ist es mit der Nächstenliebe nicht.
So werden Jesu Worte uns zur Mahnung.
Dass wir genau darauf achten,
wie wir miteinander umgehen.
Dass wir darauf achten,
dass der Hass keinen Weg in unser Herz findet,
sondern dass wir liebevoll und
respektvoll miteinander umgehen.
Dass wir einander vergeben
und den anderen an die erste Stelle setzen,
auf ihn sehen
und nicht nur auf uns selbst.
Das soll unser Bemühen sein.
Aber nicht deshalb,
damit wir gute Menschen werden.
Oder gute Christen.
Das schaffen wir sowieso nicht.
Und weil wir alle unter Gottes Gnade stehen, müssen wir das auch nicht.
Aber jedesmal, wenn es uns gelingt, von uns abzusehen
und unseren Nächsten zu achten und zu lieben,
immer dann wird uns das ein Stück näher heran bringen
an den Heiligen Geist, der zu uns spricht.
Und wenn wir auf diesem Weg unterwegs sind,
dann gilt auch uns Jesu Verheißung:
meinen Frieden gebe ich euch.
Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.
Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.
Amen.