Predigt bei der Einsegnung der Konfirmandinnen und Konfirmanden am 19. Mai 2019
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Festgemeinde, letzte Woche war ich beim Metzger und habe wunderbare Wurstspezialitäten eingekauft. 17,28 € hat der Einkauf gekostet. Ich habe einen 20 Euro Schein hingegeben und 2,72 € zurückbekommen. So weit alles ganz normal. – Eine Alltagssituation, die sie alle – so oder ähnlich – kennen. Haben sie sich eigentlich schon einmal gefragt, warum der Metzger das macht? Und natürlich nicht nur er allein, sondern auf der ganzen Welt Abermillionen von allen möglichen Geschäften, Läden, Restaurants… Die machen nämlich alle das Gleiche. Die geben Ihnen – wir betreten noch einmal in Gedanken kurz die Metzgerei – die geben Ihnen für ein Stück buntes Papier [jetzt 20 € zeigen] leckerste Kirschwassersalami, Trüffelschinken, Pistazienlyoner, Zungenwurst… und was auch immer über die Theke. F ü r e i n S t ü c k P a p i er. – Und dann geht das scheinbar Absurde ja noch weiter: Sie bekommen zu der verführerisch duftenden Wurst auch noch tolle Metallstücke: silbern, gold- und kupferfarben [auch zeigen!!!]. Wunderschöne Metallstücke, die allein schon das Paarfache an Materialwert haben wie das bunte Papierrechteck. Der Knackpunkt ist, dass das bunte Papier eben kein Papiergeld ist, wie wir das von Kinderkaufläden zumindest von früher her kennen. Es ist zwar Geld und es ist aus Papier – doch ist es kein Papiergeld, sondern, wenn man so will – Geldpapier. Das ist der entscheidende Unterschied.
Dass das funktioniert, dass man also für ein kleines Stück buntes Papier Wurstdelikatessen oder einen silbernen Ring oder eine edle Brille, ein teures Buch, einen hochwertigen Kunstkalender bekommt, ist aber an Bedingungen geknüpft: Eine ist, dass die Wirtschaft eines Landes bzw. das ganze Land in einem geordneten, stabilen, unchaotischen Zustand sein muss. Wenn sie heute in Venezuela Euros in Bolivar (Währung dort) umtauschen, dann müssen sie die Bolivar sofort ausgeben. Wenn sie an der Imbissbude zu lange warten müssen, kann es schon zu spät sein. Das Geld verliert schneller seinen Wert, als Sand durch die Finger rieselt. Am Abend sind sie schon völlig wertlos. Die Inflation liegt in Venezuela (Prognose für 2019) bei 10 Mio. % (Deutschland ca. 2%). Da haben sie dann zwar immer noch Geldpapier in der Hand – aber es hat in wenigen Augenblicken nur noch den Wert von Altpapier. Die andere Bedingung ist, dass das Geldpapier exklusiv autorisiert und vom Staat produziert sein muss. Kurzum: es muss echt sein. Original und nicht gefälscht, kein fake Geld. Dafür gibt es Kriterien wie Wasserzeichen und eine ganze Menge mehr. Die Konfirmationsurkunden, die da unten liegen, die sind auch aus Papier – wie dieses Rechteck (20 € Schein).
Die Bundesdruckerei hat dieses Geldpapier veredelt und ein Zahlungsmittel daraus gemacht. Und so lange keine Inflation herrscht, ist es ein sehr, sehr gutes Wertaufbewahrungsmittel. Die Bundeszusage Gottes holt jede einzelne der 20 Konfirmationsurkunden heraus aus der normalen Papierexistenz und macht sie zur göttlichen Einladung und zum Himmelsticket. Zur Lebensbewahrungsurkunde. Auf einer (Lukas) steht zum Beispiel drauf: Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind. (Lk 10, 20b) Auf einer anderen steht: Christus spricht: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn erstirbt (Joh 11, 25)
Ich könnte alle anderen auch vorlesen. Aber wir hören sie ja nachher noch. Gottes Angebot, sein neuer Bund, sein Versprechen, dass wir zu ihm gehören und er sich an uns bindet und unser bestes will, ohne Limit, ohne Bedingung – bis zum jüngsten Tag und darüber hinaus, das ist die absolute Sensation. Ein Angebot von der Sorte, das man beim besten Willen nicht ausschlagen kann/sollte. Ein Angebot, das unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden heute annehmen und zu dem sie „JA“ sagen.
Diese Aussicht, diese Zusage, diese Perspektive kann unseren Jugendlichen niemand bieten – nicht einmal der/die Milliardär/-in, den/die sie vielleicht einmal heiraten. „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind…“ – da hören alle menschlichen Möglichkeiten weit vorher auf… Beim Geld haben wir festgestellt, dass es fälschungssicher sein muss. Wer sich einen falschen Fuffziger andrehen lässt, hat Pech gehabt. Der Fuffi ist Altpapier und das Geld futsch. Beim Geld führt also am Original kein Weg vorbei – und beim Glauben schon gar nicht.. Doch was ist das Glaubensoriginal? Keine Sorge, ich sage jetzt nicht: evangelisch sei das original, oder methodistisch oder römisch-katholisch… das wäre ja Unfug. Das Original, liebe Gemeinde, ist immer der Glaube an den barmherzigen und gnädigen Gott, den Vater von Jesus Christus. Den Gott, der uns unter die Arme greift oder wenn`s sein muss trägt und der uns zwischendurch auch schon mal Flügel verleiht.
Falscher Glaube, fake Glaube dagegen ist aller Glaube nur an sich selbst, an Machbarkeit und Macht, an die eigenen Möglichkeiten und an Moneten, an Zufall und Vitamin B. Falscher Glaube, der meint, die paar lumpigen Jahre auf dieser Welt seien schon alles; fake Glaube, der meint, das Original nicht mehr zu benötigen und es achtlos wegwirft, der aus der Kirche austritt vielleicht wegen ein paar lausiger Euros. Dabei wissen wir doch alle, wenn wir halbwegs bei Sinnen sind, dass nie der Schwanz mit dem Hund wedelt. Es ist immer umgekehrt. Auch beim Glauben. Jesus sagt im Johannesevangelium: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt. Ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr euch auf den Weg macht und Frucht bringt – Frucht, die bleibt“. (Joh 15, 16, HfA) Wer das nicht wahrhaben will, der leidet (ich kann es nicht anders sagen) an Glaubensdemenz, der ist verwirrt, verwechselt und bringt alles durcheinander, hat Durchblick und Orientierung verloren. Denn: Nicht wir haben ihn erwählt, sondern er uns, dass wir Frucht bringen, dass wir Glaubensmenschen werden, sind und bleiben, dass wir Guttäter werden, sind und bleiben und keine Ignoranten, dass wir es nicht schaffen dem Elend der Welt und vor allem dem von nebenan einfach kalt den Rücken zuzuwenden. „…und uns auf den Weg machen,“ sagt Jesus. Es ist dies genau der Weg, der bis in den Himmel führt. Dorthin also, wo unsere Namen schon längst geschrieben stehen. AMEN.
von Pfarrer Klaus Vogel