Predigt – „Weihnachtspredigt“ – bei der Christvesper 2018
„Weihnachstpredigt“ – bei der Christvesper am 24.12.2018, 17:00 Uhr in der Evangelischen Mauritiuskirche in Oberöwisheim.
Liebe Gemeinde,
Wie heißt der Begriff? Es ist ein englischer und er besteht aus zwei Wörtern. Die Definition geht so (und jetzt wird es kurz ein wenig unweihnachtlich): Der gesuchte Begriff ist ein im Marketing verwendeter Terminus zur Beschreibung eines Zeitintervalls, in dem Produkte vergünstigt erworben werden können… – also: wie heißt der Begriff? (Happy Hour!)
Happy Hour – Glückliche/fröhliche Stunde: Das Pils für 1 €, jeder Cocktail 2 €, 2 Whiskey Cola für den Preis von einem, Schniposa (SchnitzelPommesundSalat) 3 €, Rumpsteak mit Brot 4 €… Stellen Sie sich, stellen wir uns für einen Moment vor, „Landfunker“ und „Hügelhelden“ würden gleichzeitig darüber berichten, dass an den restlichen Tagen des Jahres in den Oberöwisheimer Gaststätten nur noch Happy Hour wäre, dass also Peter Lampert in seiner „Kleinen Kneipe“ das Weizenbier für 50 Cent auf die Theke stellt, oder dass Lothar Bühler im neu wiedereröffneten Löwen das Cordon Bleu mit Pommes für 3,50 € serviert oder Jorgo Kamenikes in der TSV Gaststätte einen überquellenden Teller mit Kalamaris für 2,90 € kredenzt. Eines ist sicher: Die Lokale wären brechend voll, sie würden überquellen. Das genau ist ja auch der Sinn von Happy Hour: Menschenauflauf und Massenandrang zu generieren. Wenn ich mich jetzt umschaue, dann sieht das hier ja auch nach Happy Hour aus – Happy Hour vom Feinsten. Was für eine Menschenmenge. Aber – und das ist entscheidend – nicht nur rein äußerlich von der enormen Menschenansammlung her. Happy Hour vom Feinsten wegen des Anlasses und von ganz vom Anfang her: Der Engel rief – wir haben es gehört und wissen es ja sowieso: „Siehe, ich verkündige euch große Freude“ – Happy Hour. Eine Happy Hour schien auch für eine junge Frau gekommen zu sein als sie in einer lauen Sommernacht spät abends mit ihrem Partner auf dem Balkon steht und dieser auf einmal sagt: „Schau, Liebes, eine Sternschnuppe, du darfst dir etwas wünschen.“ Darauf haucht sie: O wie schön, ich wünsche mir, dass wir heiraten. Und schließlich er: „Ups, ich glaube, es ist doch nur ein Flugzeug…“ – Happy Hours, Glücksstunden, können auch verhuschen, verschwinden wie Seifenblasen – oder auch von vornherein nur eine Fata Morgana sein. – Aber nicht Gottes Happy Hour, die er uns, uns allen geschenkt hat. Seine Happy Hour beginnt mit und besteht in dem Satz:
„Euch ist heute der Heiland geboren“ – Euer Warten, euer Elend, eure Krankheit und Einsamkeit haben einen absolut übermächtigen, haushoch überlegenen, einen überdimensionalen weil überirdischen Gegner bekommen: Gott. Gottes finale Zuwendung, Gottes unabänderlich gehobener Daumen. Happy Hour für die Christen. Gottes unbeschreibliche, unendliche Liebe.
Es gibt in den USA von Gary Chapman ein Buch, das hat den Titel „The 5 Love Languages“ – Die 5 Sprachen der Liebe. Die Grundthese dabei ist, dass es 5 unterschiedliche Möglichkeiten gibt, wie Menschen Liebe fühlen und sie in Beziehungen zeigen. Diese fünf Sprachen sind: Bestätigung durch Worte, Taten des Dienstes, Geben von Geschenken, bewusst gelebte Zweisamkeit (quality time) und physischer Kontakt. Als ich das gelesen habe dachte ich: Gott ist ein Meister dieser Sprachen. Gott spricht die Sprachen der Liebe fließend, perfekt und leidenschaftlich:
1. Die verbale Bestätigung: Wir sind Gottes geliebte Kinder (Eph 5, 1), schreibt Paulus, wir sind von Gott schwer protegiert und privilegiert, mit dem Geist der Kraft und der Liebe ausgestattet (2 Tim 1, 7).
2. Taten des Dienstes: Liebe, die sich im Dienen äußert: Jesus hat seinen Jüngern die Füße gewaschen. Nicht als und zum Chef geboren, sondern geboren, um zu dienen. Dienen bis ans Kreuz und bis in den Tod.
3. Das Geben von Geschenken: Jesus ist das Geschenk aller Geschenke: Unsere Hoffnung, unsere Rettung unsere Zukunft: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“. (Joh 3, 16).
4. Die Quality Time, die bewusst gelebte Zeit, die bewusst gelebte Zweisamkeit: mit dem/der Partnerin, der Familie – aber eben auch mit Gott. Zeit mit Gott. Zu Hause oder wie jetzt in der Kirche, im Gottesdienst. Wellnesszeit für unsere Seele. Zeit, in der uns Gottes Zutaten, Wohltaten, und Liebestaten überströmen wie das Sonnenlicht bei blauem Himmel am Mittag. „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken…“ (Mt 11, 28) – sagt Jesus. Gottes Wohltaten sind und schaffen Quality Time: Quality Time entsteht da, wo wir uns Gott zuwenden, ihn suchen, bitten, uns an Gott wenden – weil er sich – zumindest auch da uns zuwendet. Gottesdienste zu besuchen ist da weiß Gott nicht die schlechteste Gelegenheit. Gottesdienste selbst sind Quality Time – Sonntag für Sonntag, nicht nur an Weihnachten!
Schließlich 5. Der physische Kontakt. Ist das nicht ganz deutlich und klar Weihnachten. Nicht ein Plan oder eine Strategie oder eine Idee wird geboren. Nein, ein Kind. Ein lebendes kleines Etwas, von einer Menschenfrau ausgetragen und geboren. Ein Säugling aus Fleisch und Blut. Mit diesem Kind hat Gott den Himmel verlassen und den physischen Kontakt zu uns gesucht und gefunden; und dieser Kontakt hört nicht auf, ja er hört niemals auf. Uns allen gilt die Zusage des Auferstandenen: „Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“. Christus ist da, bei uns und geht mit. Jeden Weg, durch jede Baustelle über jedes Hindernis. Das, liebe weihnachtliche Gemeinde, ist keine wolkige und gut gemeinte Absichtserklärung Gottes, beliebig, fakultativ und wenn’s zum Schwur kommt, ohne Verbindlichkeit, ohne Bindungskraft – wie der kürzlich geschlossene und umstrittene UN Migrationspakt. Nein, dieses Versprechen des Auferstandenen steht fest, felsenfest und ist unverrückbar, in Stein gemeißelt: „Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“. Und der physische Kontakt hat nicht aufgehört. Im Abendmahl, in der Kommunion, jedes Mal, wenn wir es einnehmen, haben wir diesen physischen Kontakt, die Erinnerung und Verbindung mit dem, dessen Geburt wir heute feiern. Diese Verbindung, dieser Kontakt mit und zum lebendigen Gott trägt und tröstet, hält und hilft uns bis in alle Ewigkeit. Sie gibt uns etwas, das andere nicht haben. Dafür wurde der Begriff „exklusiv“ empfunden!
Ganz genau heute vor 10 Monaten, am 24. Februar 2018 stand in der Süddeutschen Zeitung folgendes:
„Durch die Wand Glaube, Hingabe, Adrenalin: Die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft schlägt Kanada 4:3 (locker vergleichbar mit FWM 1954) und steht erstmals in einem olympischen Finale. Der größte Erfolg ihrer Geschichte resultiert aus der Arbeit von Bundestrainer Marco Sturm. Gegner am Sonntag ist das Team aus Russland. Und jetzt kommt’s: Sturm ist, das hat er selbst gesagt, kein Messias. Er ist, um im Bild zu bleiben, der Engel, der den Hirten verkündete: Fürchtet euch nicht! Glaubt. Glaubt an euch! „Dieses Wort hängt groß in unserer Kabine“, erzählte Kapitän Marcel Goc: Glaube.“ Der Messias – da hat der Bundestrainer natürlich recht – ist er nicht. Messias, Retter, Erlöser ist ganz exklusiv das Kind in der Krippe. Aber genau deshalb, weil der Messias mit dem Kind in der Krippe gekommen ist, braucht es Engel, die es weitertragen. Auch wenn unser Verhalten (also jedenfalls meines) nicht – nicht immer – engelhaft ist, Gott braucht uns als sein Bodenpersonal. Gott braucht uns in seinem Team, in seiner terrestrischen Außenabteilung, um genau das zu kommunizieren: „Fürchtet euch nicht!“ Glaubt an euch – natürlich, denn Gott tut das ja auch; aber vor allem und am meisten: Glaubt auch ihr an ihn. Glaubt an Gott.Fürchtet euch nicht! Amen.